Ergänzung für die Oberstufe.
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Taubstummenanstalten (Berlin, Wriezen, Guben), einer Blindenanstalt (Steglitz),
einer Krüppelanstalt (Nowawes), in Waisenhäusern (Rummelsburg) und Ret-
tungshäusern.
Die Rechtspflege wird geübt vou den Schiedsmänner::, 104 Amtsgerichten
(1 Richter und 2 Schöffen; leichte Straffälle), 9 Landgerichten (3 oder 5 Richter;
schwerere Straffälle), 9 Schwurgerichten (3 Richter und 12 Geschworene;
die schwersten Vergehen), die alljährlich mehreremal bei den Landgerichten
zusammentreten, und dem Oberlandesgericht („Kammergericht" in Berlin;
5 Richter; Berufungen gegen Urteile der Landgerichte). Die öffentliche Anklage
wird bei den Amtsgerichten durch die Amtsanwälte, im übrigen durch die Staats-
auwälte erhoben. Streitigkeiten zwischen Angestellten und Arbeitgebern schlich-
ten die Gewerbe- und Handelsgerichte. In Gefängnissen und Zuchthäusern
(Moabit, Plötzensee, Sonnenburg, Luckau, Kottbus) bemüht man sich, die Ver-
urteilten einem geordneten Leben zurückzugewinnen.
Die in der Mark stehenden Heeresteile waren von jeher der erprobte Kern
des preußischen Heeres; sie bilden das Gardekorps und das 3. Armeekorps. Das
erstere besteht aus den stattlichsten Mannschaften aller Provinzen und ist zum
größten Teil in Berlin und Potsdam untergebracht; das letztere setzt sich aus
Söhnen der Mark zusammen und liegt in 19 Garnisonen. Die Landesfestuugeu
siud Küstriu und Spandau (Juliusturm). An Einrichtungen zur Ausbildung
der Offiziere und Soldaten sind vorhanden eine Kriegsakademie (Berlin),
Kadetteuaustalteu (Groß-Lichterfelde, Potsdam), eine Kriegsschule, eiue Unter-
offizierschule, ein Militärwaisenhaus (Potsdam), Schießplätze (Jüterbog, Kum-
mersdors, Tegel), Truppenübungsplätze (Tempelhofer Feld, Döberitz) und ein
Übungsplatz für die Luftschisserabteiluug (Tegel).
9. Siedlungen.
Die heutigen Siedlungen der Mark gehen in ihrem Ursprünge meist auf alte
wendische Dörfer zurück. Die Kolonisten, die bei der Eroberung des Landes
durch die Deutscheu sich in ihm niederließen, erhielten sie samt ihrer Feldmark
zugeteilt. Zuweilen mußten sie aber auch ueue Dörfer gründen; man erkennt
diese an ihren deutschen Namen. Für das erblich überwiesene Land hatten sie
einen Erbzins (Schult) an den Landesherrn durch den „Schultheißen" (Schulzen)
zu entrichten; dieser erhielt ein größeres Gut, war frei vom Erbzins und hatte
die polizeiliche Aufsicht und niedere Gerichtsbarkeit auszuüben.
Den Rittern, die bei der Eroberung des Landes geholfen hatten, wurden oft
neben den Dörfern größere Güter zugewiesen; es sind die heutigen Ritter-
güter.
Auch Klöster wurden bei der Eroberung der Mark gegründet. Die meisten
gehörten dem Mönchsorden der Zisterzienser aus Südfrankreich. (Marienwalde,
Chorin, Neuzelle, Dobrilugk, Zinna, Lehnin.) Nach der Einführung der Refor-
matiou wurden sie allmählich aufgehoben; die Gebäude siud zuweilen noch erhalten.
In der Zeit der Eroberung der Mark durch die Deutscheu entstanden auch
die meisten Städte. Viele entwickelten sich aus wendischen Dörfern (Köpenick),
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Extrahierte Ortsnamen: Berlin Wriezen Guben Steglitz Nowawes Rummelsburg Berlin Moabit Sonnenburg Luckau Berlin Potsdam Spandau Berlin Kadetteuaustalteu Potsdam Potsdam Tegel Tegel Chorin Neuzelle Dobrilugk Zinna Lehnin
4
Das neben der fabula palliata nur wenig weiter gepflegte nationale Lustspiel hie zum Unterschiede fabula togata und hatte das Treiben der unteren Stnde, besonders in den Provinzstdten, zum Gegenstand.
2. Auch in der Tragdie brachte man auer der Nachbildung griechischer Dramen rmisches Leben zur Darstellung und nannte solche Stcke, die meist historische Stoffe behandelten, fabulae praetextae von der toga praetexta, in der die Helden auftraten. Eine bemerkenswerte Entwicklung hat diese Art Dramen in der Literatur nicht gehabt.
5. Die rmischen Dichter.
1. Livius Andronicus, ein Grieche von Geburt und Frei-gelassener eines rmischen Senators, bersetzte um 240 v. Chr. die Odyssee in Saturniern, die lange Zeit das Schulbuch der Rmer war, und bearbeitete griechische Tragdien.
2. Cn. Nvius schrieb Dramen, namentlich Komdien, und besang den ersten Pnnischen Krieg, in dem er selbst mitgekmpft hatte.
3. T. Marcius Plantus, geboren um 254 zu Sarsina in Umbrien, kam frh nach Rom, fand dort Beschftigung am Theater, verlor das dabei gewonnene Geld in Handelsunternehmungen und mute sich in einer Mhle seinen Lebensunterhalt erwerben. In dieser bedrngten Lage fing er an, Komdien zu schreiben. Er starb um 184 v. Chr.
Wir haben noch 20 Plantinische Stcke, die ltesten vollstndigen Werke der rmischen Literatur, die auf uns gekommen sind. Die bekanntesten sind: captivi, trmummus, rudens, miles gloriosus, Menaechmi, Amphitruo. Wenn Plantus auch im ganzen die in den griechischen Originalen (Menander) gegebenen Handlungen beibehielt, so wute er ihnen doch durch Einmischung rmischer Eigenheiten einen besonderen Reiz zu geben.
4. Q. Ennius, ein unteritalischer Grieche aus Calabrien, spter rmischer Brger, der zur Zeit des zweiten Pnnischen Krieges lebte, schrieb auer Dramen ein Epos annalium 1. Xviii, in dem er die Geschichte Roms von neas bis auf seine Zeit behandelte. Er wandte in demselben zuerst den Hexameter an. Auerdem ver-fate er Satiren in der ursprnglichen Form (vgl. 1).
5. P. Terentius Afer, geboren in Karthago, kam als Sklave nach Rom zu einem Senator Terentius, der ihn gut erziehen lie und ihm dann die Freiheit schenkte. Zu dem jngeren Scipio
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Zweiter Teil.
Das ffentliche und prinate geben der Rmer.
A. Die Staatseinrichkungen im Ausgange der Republik und in der Kaiftrzeit.
I. Die Stnde.
1. Senatoren- und Ritterstand.
1. Nachdem durch den Stndekampf während der beiden ersten Jahrhunderte der Republik die politische Gleichstellung der Plebejer, der groen Masse des Volkes, mit den Patriziern, dem Gebnrts-adel, herbeigefhrt worden war, hatte letzterer seine Bedeutung ver-loren, und neue Standesunterschiede hatten sich entwickelt. Die bevor-zngten Stnde waren nun der ordo senatorius und der ordo equester.
2. Der Senatorenstand (ordo senatorius). Den Senat bilden die gewesenen hheren Beamten. Diese gehrten zum bei weitem grten Teil bestimmten patrizischen und plebeischen Familien an, die sich allmhlich ein Vorrecht auf die Besetzung der Staatsmter mit einem der Ihrigen erworben hatten. Diese Familien sind der Beamtenadel (nobilitas). Ihnen stand das ins imaginum zu, das Recht, aus Wachs gefertigte Portrtmasken ihrer Vorfahren mit Unterschrift von deren Taten und mtern im Hause aufzu-stellen und bei Leichenbegngnissen im Zuge vorantragen zu lassen. Die nobiles waren eifrig darauf bedacht, mglichst keine ignobiles oder homines novi zu den mtern zuzulassen. War es einem solchen doch geglckt, die knrnlische dilitt zu erlangen, so trat er und seine Familie in die Nobilitt ein (z. B. Cicero). Die nobiles, die sich auch boni cives oder optimates nennen, haben durch ihre Mitglieder die Herrschaft der den Senat und bilden so den ordo senatorius. Als Abzeichen trugen die Senatoren die tunica laticlavia mit breitem Purpursaum, einen besonderen
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welches ihnen wie den bevorzugten Stnden besonders das Stimm-recht in den Volksversammlungen (ius suffragii), das Recht der Berufung an die Volksversammlung im Kriminalproze (ins provo-cationis ad populum), das Klagerecht (actio) und das Handelsrecht (ius commercii) verleiht. Dieser Teil der Brgerschaft setzt sich zu-sammeu aus Kaufleuten, Handwerkern, Bauern, Soldaten und der groen Masse derjenigen, die ohne Beschftigung in der Hauptstadt von Getreidespenden leben. In der Kaiserz"eit berwiegt der arbeits-scheue und interessenlose Pbel immer mehr, so da das Volk fr die Beteiligung an der Staatsverwaltung kaum noch zu gebrauchen war.
2. Die Sklaven (servi) sind teils Privatsklaven (servi privati), die in der unumschrnkten Gewalt eines Herrn (patronus) waren, teils Staatssklaven (servi publici), die den Beamten und Priestern fr niedere Dienstleistungen zur Verfgung waren. Die Privatsklaven wurden sowohl fr die huslichen Verrichtungen (familia urbana), als auch in der Industrie und Landwirtschaft (familia rustica) verwendet. Ihre Zahl war sehr groß.
3. Die Freigelassenen (libertini) werden durch die Entlassung aus der Gewalt des Herrn (manumissio) aus Sklaven zu rmischen Brgern mit eingeschrnkten Rechten. Sie nehmen Vor- und Familiennamen ihres Herrn an, behalten aber ihren Sklavennamen als cognomen bei, z. B. M. Livius Andronicus. Sie treiben hauptschlich Handwerk und Kleingewerbe. Der Freigelassene bleibt seinem ehemaligen Herrn gegenber, inbezug auf den er libertus heit, in einem gewissen Abhngigkeitsverhltnis und tritt unter dessen Klienten.
4. Die Klienten (clientes) bestehen neben den Freigelassenen aus verarmten Brgern, die sich von einem Reichen durch Lebens-unterhalt und Geld (sportulae) untersttzen lieen. Sie hatten dafr ihrem Gnner (patronus) frh morgens ihren Besuch zu machen (salutatio), ihm beim Ausgang zu begleiten (deducere) und sonstige Dienste zu leisten.
Ii. Die Staatsgewalten.
a) Zur Zeit (Lasars und (Liceros.
1. Die Magistrate.
1. Magistratus bezeichnet sowohl das vom Volke bertragene obrigkeitliche Amt, welches als unbesoldetes Ehrenamt auch honor heit, als auch dessen Inhaber. Die Machtbefugnis der Magistrate ist potestas. Diese gibt das Recht: 1. Auspizien anzustellen,
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hatten auf Grund eines besonderen Vertrages (foedus) eigene Gerichtsbarkeit und stellten fr das Heer die auxilia.
Durch die lex Julia i. I. 90 wurden die Unterschiede der Gemeinden unter Beibehaltung der alten Bezeichnungen smtlich beseitigt, indem alle italischen Städte das volle Brgerrecht und eigene Verwaltung erhielten, die der rmischen Verfassung nach-gebildet war. Der Magistrat bestand aus 4 jhrlich gewhlten Mitgliedern, quattuorviri bezw. duumviri, je 2 fr die Rechtspflege und fr das Polizeiwesen. Der Senat, auch ordo decurionum nach seiner Einteilung genannt, hatte gewhnlich 100 lebenslng-liche Mitglieder. In der Kaiserzeit kamen dazu die Augustales, die Priester des Kaiserkultus, die nach abgelaufener Amtszeit den Titel behielten und einen besonderen Stand bildeten, hnlich dem Ritterstand in Rom. Allmhlich wurde eine Kontrolle der stdtischen Verwaltung ntig, und Trajan setzte fr diesen Zweck curatores rerum publi carum ab imperatore dati ein. Unter Hadrian wurden auerdem die iuridici eingesetzt, denen der grte Teil des Gerichtswesens unterstellt wurde. Spter verloren die Städte mit dem Niedergang ihrer Bevlkerung auch den letzten Rest ihrer Selbstverwaltung, so da Italien nun den Provinzen gleich-gestellt war.
2. Provincia bezeichnet ursprnglich den Geschftskreis eines Beamten, danach die Verwaltung eines unterworfenen Landes und schlielich dieses Land selbst. Ein Drittel des Gebietes einer er-oberten Provinz wurde meist zum ager publicus gemacht und verpachtet, der Rest blieb den Unterworfenen, wofr diese Abgaben zu entrichten hatten. Die Verhltnisse jeder einzelnen Provinz wurden durch eine lex provinciae geregelt. Auch in den Provinzen bilden wie in Italien die Stadtgemeinden mit ihrem Gebiet die Grundlage der Verwaltung. Einzelne Gemeinden behielten als civitates foederatae ihre Selbstndigkeit und waren abgabe-frei, andere waren civitates sine foedere immunes et liberae, die meisten wurden civitates vectigales et stipendiariae, Städte mit eigener Verwaltung und Gerichtsbarkeit, doch ohne Brgerrecht und abgabepflichtig. Die Verwaltung der Provinz lag in den Hnden eines vom Senat ernannten Statthalters, eines Prokonsuls oder Proprtors. Der erstere befehligte ein Heer und wurde in diejenige Provinz geschickt, die noch nicht vllig beruhigt oder von auen bedroht war. Das unumschrnkte Imperium wurde bis zum Eintreffen des Nachfolgers gefhrt. In den einzelnen Be-zirken hielt der Statthalter Gerichtstage ab (conventus agere). Nach
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Schuh (mulleus ober calceus senatorius) und einen golbenen Ring. Bei den ffentlichen Spielen hatten sie Ehrenpltze.
In der Kaiserzeit wrbe fr den Zutritt zum Senatoren-stanb eitt Vermgen von einer Million Sesterzien festgesetzt. Die Zugehrigkeit war erblich bis zum britten Gliebe. Die Patrizier bitbeten auch jetzt noch eine besonbere Klasse, boch waren zu den alten Abelsfamilien, beren Zahl sehr zurckgegangen war, schon durch Csar, dann durch Augnstus und seine Nachfolger neue Familien hinzugenommen worben. Unter den spteren Kaisern kamen auch reiche Provinzialen, die das rmische Brgerrecht be-saen, in den Senatorenstanb.
3. Der Ritterstand (ordo equester). Die equites, ursprnglich die Angehrigen der 18 Reitercenturieu, hatten ihren militrischen Charakter verloren, seitbem die Reiterei in den rmischen Provinzen ausgehoben wrbe, und bilben nun einen brgerlichen Staub aller der jenigen, die einen Census von 400 000 Sesterzien haben. Da es fr unvereinbar mit der Stellung eines Senators galt, Hanbels-unb Gelbgeschfte zu treiben, so verzichteten die, welche zwar aus-reichenbe Mittel fr die sehr kostspielige mterlaufbahn hatten, aber ihre privaten Interessen hher stellten, aus die Bewerbung um ein Amt und schlssen sich ihrerseits zum ordo equester, dem Ritterstanb, zusammen. So entstaub der Gelbabel. Die Ritter waren vor allem Steuerpchter (publicani) des Staates und gewannen so weitreichenben Einflu und groe Reichtmer. Sie besorgten auch alle groen Gelbgeschfte und hatten das ganze Krebit-Wesen in Hnben. Ihre Abzeichen waren ein schmaler Purpur-streifen an der Tunika und ein golbener Ring. Bei den ffentlichen Spielen hatten sie Ehrenpltze neben den Senatoren.
In der Kaiserzeit blieb der Census der Ritter uuverubert. Die Verleihung der Ritterwrbe erfolgte durch den Kaiser auf Lebenszeit, war jeboch nicht erblich. Die equites illustres bitbeten eine besonbere Klasse der reichsten und vornehmsten Ritter. Die Ritterschaft war militrisch organisiert und in turmae eingeteilt. Ihr Vorrecht war die Besetzung der Offizierstellen des Heeres und banach der hheren kaiserlichen mter. Auch die Geschworenen wrben vorzugsweise aus ihnen gewhlt.
2. Die brigen Stnde.
1. Alle brigen Brger (cives), die nicht den Census des Senatoren- und Ritterstanbes haben, bilben die groe Masse des rmischen Volkes und sinb im Besitze des Brgerrechts (civitas),
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Inhalt Raum/Thema: Realienkunde, Vaterländische Geschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): offen für alle
I
— 38 —
bensbekenntnis). Darin war in 28 Artikeln in milden Worten dasjenige, worin man mit den Katholiken übereinstimme, und worin man abweiche, klar gelegt worden.
12. Luthers Familienleben. (Deutsche Jugend 4, S. 155: Aus Martin Luthers häuslichem Leben. Ebenso Deutsche Jugend 3, S. 123—125).
13. Luthers Tod. Im Jahre 1546 reiste Luther ans Einladung des Grasen Mansseld nach Eisleben, um dort einen Vermögensstreit zu schlichten. Hier starb er am 18. Februar 1546. Seine Leiche wurde nach Wittenberg gebracht und dort in derselben Kirche beigesetzt, an deren Tür er einst die 95 Thesen angeschlagen hatte.
14. Zwei braunschweigische Lnthersagen. Wie die Sage erzählt, so soll Luther sich einmal im Harze verirrt haben. Erst bei völliger Dunkelheit kam er nach Tanne. Ms er sich hier nach der Herberge erkundigte, erfuhren die Leute, daß sie den großen Reformator bei sich hatten. Sie stellten sofort in alle Fenster Lichter, damit er den Weg zur Herberge wohl finden könne. — Zur Erinnerung an diesen Vorfall werden noch heute in Tanne am Martinsabend sämtliche Fenster durch Wachskerzen erleuchtet.
In der Klosterruine Walkeuried zeigt man die sogenannte Lutherfalle. Ms der Reformator nämlich einstmals im Kloster weilte, beschlossen die Mönche, ihn durch eine Falltür in die Tiefe zu stürzen. Sie führten ihn auch an die Tür. Ein Hündchen aber lief vor Luther her und stürzte statt seiner in den Abgrund.
(Deutsche Jugend 5, S. 223: Andenken an Dr. Martin Luther.)
54. Der Bauer im Zllittelalter.
1. Frondienste. Ursprünglich lebten die Fürsten und Grundherren von den Einkünften ihrer eigenen Güter (Domänen). Als sie aber spater die Domänen ihren Beamten und Dienern zur Bewirtschaftung Übergaben, da ließen sie sich von diesen ihren „hörigen Bauern" die Lebensmittel in die Küche liefern. Zn bestimmten Zeiten mußten die „Gefälle" (wie Gänse, Hühner, Schweine, Fische, Butter, Eier, Korn, Kessel, Töpfe re.) entrichtet werden. In späterer Zeit traten an die Stelle solcher Lieferungen Abgaben in Geld, die Zins oder Steuern genannt wurden. Auch hatten die hörigen Bauern dem Gutsherrn zahlreiche Dienste
zu leisten, wie sie in der herrschaftlichen Haushaltung vorfielen. Sie mußten ant Hose die Öfen heizen, Brot backen, Bier brauen, Holz spalten, Nachtwachen leisten, Botengänge verrichten rc. Zuweilen auch mußte der Bauer mit seinem Gespann für den Herrn arbeiten und ihm Holz, Mehl, Steine rc. herbeifahren, seinen Acker bestellen oder die Ernte besorgen. Doch wurden die Leute meistens bei der Arbeit gut beköstigt. Die Kinder eines hörigen Bauern waren verpflichtet, bei ihrem Grundherrn in Dienst zu treten. Sie erhielten meistens nur Kost, zuweilen auch einen ganz geringen Lohn. Ein Handwerk zu erlernen oder in die Stadt zu ziehen, war ihnen ohne Zustimmung des Gutsherrn nicht gestattet. Der Bauer war zum Leibeigenen seines Herrn herabgesunken.
Heinrich der Friedfertige von Braunschweig erließ schon 1433 ein Gesetz, wonach der Bauernstand in seinem Lande von den drückendsten Lasten befreit wurde. Dies führte in unserm Herzogtume zum allmählichen Erlöschen der Leibeigenschaft (S. 69.)
2. Bauernelend. Der Bauer war dazumal meist ein recht armer Mann. Er hatte kaum Zeit, sein kleines Feld zu bestellen; denn er mußte für seinen Herrn 3—4 Tage in der Woche mit seinem Gespann arbeiten. Dazu kam noch, daß ihm seine Ernte oft von zahllosem Wild fast ganz vernichtet wurde. Wehe ihm, wenn er sich's einfallen ließ, ein Stück Wild totzuschlagen! Einen
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Extrahierte Personennamen: Martin_Luthers Martin_Luther Heinrich Bauernelend
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde, Vaterländische Geschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): offen für alle
— 39 —
Hasen zu töten, kostete schon 100 Taler Strafe. Die schlimmsten Feinde des Bauern aber waren die fremden Ritter. Wenn diese mit seinem Herrn in Fehde lagen, so überfielen sie meist seine Bauern, trieben ihnen das Vieh von der Weide und steckten ihnen Haus und Hof in Brand.
3. Der Bauernkrieg. Die Predigt Luthers von der evangelischen Freiheit des Christen zündete bei den Bauern. Aber sie verstanden darunter die Befreiung von allerlei Lasten, Zehnten, Fronarbeiten re. An die Spitze der Uu-zufriedenen stellte sich Thomas Münzer. Er sprach zu den Bauern von der Aufrichtung eines himmlischen Reiches, wo der Unterschied zwischen arm und reich, vornehm und gering ganz aufhören sollte. Von solchen Predigten angefeuert, bewaffneten sich die Bauern in Süd- und Mitteldeutschland und zerstörten Burgen und Klöster, verwüsteten die Saaten und hausten wie die ärgsten Räuber.
Auch im Braunschweigischen mitteten die „schwarzen Bauern". Im Kloster Michael-stein bei Blankenburg zerstörten sie die Kirche und raubten alle Gebäude aus. Nach dem Kloster Walkenried kamen sie, 800 Mann stark, von 12 Hauptleuten geführt. Die Mönche waren geflohen und hatten die Türen verschlossen. Die Bauern aber drangen gleich wütenden Tigern ins Kloster, zerschlugen Türen, Fenster, Öfen, Bilder und streuten die Bibliotheksschriften den Pferden unter oder warfen sie in den Kot. Um die große Glocke zu sprengen, rissen sie den Turm nieder, der beim Niederfallen dann auch die herrliche -Kirche zerschlug. — (Deutsche Jugend 5, S. 218: Das Kloster Walkenried.)
Anfangs hatte Luther den Herren geraten, das Los der Bauern zu mildern. Als er aber ihr wüstes Treiben sah, forderte er die Fürsten auf, gegen die „räuberischen und mörderischen Bauern" mit Gewalt vorzugehen. Das geschah denn auch, und die Fürsten, an deren Spitze Heinrich der Jüngere von Braunschweig stand, rückten in großer Zahl heran. Bei Frankenhausen kam es 1525 zur Schlacht. Mit begeisterten Worten ermutigte Thomas Münzer die Seinen
zum Kampfe. Zufällig zeigte sich während seiner Rede ein Regenbogen am
Himmel. Da rief er: „Hebet eure Augen auf und sehet, wie günstig uns Gott
ist! Schauet den schönen Friedensbogen! Der Himmlische wird uns schützen und unseren Feiuden den Untergang bereiten. Wer von euch in den vorderen Reihen fällt, der steht hinten wieder auf, wenn die anderen vorüber marschiert sind. Die Kugeln, die vom Feinde auf uns geschossen werden, fange ich allein mit meinem weiten Priestermautel auf." Nun stimmte das Heer ein geistliches Lied an und zog dem Feinde entgegen; aber in kurzer Zeit lagen die meisten tot am Boden. Münzer flüchtete nach Frankenhausen und hielt sich in einem Bette versteckt. Er nmrde jedoch aufgefunden und nach Mühlhausen gebracht, wo er gefoltert und
dann mit 25 Genoffen hingerichtet wurde.
Als er auf den Richtplatz stieg, mahnte ihn der Geistliche, den Glauben zu beten. In der Todesangst aber versagte ihm die Stimme. Da trat Heinrich der Jüngere pon Braunschweig heran und sagte ihm, damit seine Seele gerettet werde, „deutlich und mit harter Stimme" den Glauben vor.
Die Lage der Bauern war nun eher schlechter als besser geworden.
55. Herzog Heinrich der Jüngere (1514—1568) und die Einführung der Reformation in der Stadt Braunschweig.
1. Heinrichs Stellung zur Reformation. Zur Zeit der Reformation regierte in unserem Herzogtum Heinrich der Jüngere. Er war aber ein großer Feind der lutherischen Lehre und zuletzt der einzige Fürst in Norddeutschland,
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Extrahierte Personennamen: Thomas_Münzer Heinrich_der_Jüngere_von_Braunschweig Heinrich Thomas Münzer Heinrich_der_Jüngere Heinrich Heinrich Heinrich Heinrichs Heinrichs Heinrich
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde, Vaterländische Geschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): offen für alle
— 65 —
Sieg bei Torgau, den der tapfere und fromme „Husarenkönig" General Zieten erfocht. (Deutsche Jugend 4, S. 163: Der alte Zieten. Ebenso Hitsche Jugend 3, S. 126: Der alte Zieten.)
7. Die letzten Kriegsjahre. Friede. Im nächsten Jahre bezog Friedrich bei Bunzelwitz in Schlesien ein festes Lager. 135 000 Feinde umstanden ihn in weitem Kreise. Fast wollte ihm der Mut in dieser bedrängten Lage entfallen: Zieten aber suchte ihn zu trösten. „Hat Er sich etwa einen neuen Verbündeten angeschafft?" fragte ihn da einmal der König. „Nein, Majestät," entgegnete Zieten, „nur den alten dort oben, und der verläßt uns nicht." Zieten behielt Recht. In Rußland starb die Kaiserin Elisabeth, und ihr Nachfolger, Peter Iii.,
schloß sofort mit Friedrich ein Bündnis. Bald daraus bequemte sich auch Maria
Theresia zum Frieden; dieser wurde 1763 auf dem Jagdschlösse Hubertusburg in Sachsen geschlossen; Friedrich behielt ganz Schlesien.
c. Erste Teilung Polens.
1. Zustände in Polen. Ehemals war Polen das mächtigste Reich in Osteuropa. Als es dann aber ein Wahlreich wurde, schwand das Ansehen des Königs von Polen immer mehr; denn jeder neue König mußte dem Adel größere Vorrechte einräumen, und so regierte dieser bald ganz allein das Land. Immer
größer wurde der Einfluß Rußlands auf das zerrüttete Reich. 1772 schloß es
mit Preußen und Österreich einen Vertrag, infolgedessen jeder dieser Staaten einige an sein Gebiet grenzende polnische Landesteile an sich nahm. Friedrich erhielt „Westpreußen" und nannte sich von jetzt an nicht mehr König „in" sondern „von" Preußen. (S. 40.)
2. Friedrichs Sorge für das gewonnene Land. Das durch diese Teilung gewonnene Stück Land hatte für Friedrich insofern eine große Bedeutung, als es die Lücke zwischen Brandenburg, Pommern und Ostpreußen schloß. Wie eine treue Mutter nahm er sich des verkommenen Landes an. Seine besten Beamten schickte er in die Wildnis. In kurzer Zeit wurden 187 Schulen errichtet. Gleich im ersten Jahre nach der Besitznahme ließ er den 3 Meilen langen Bromberger Kanal graben, wodurch die Handelstätigkeit des Landes sehr gehoben wurde. Die Leibeigenschaft der Bauern hob er auf. Auch zog er 11000 deutsche Ansiedler herbei, so daß an Stelle der polnischen Wirtschaft bald deutscher Fleiß und deutsches Wesen die Oberherrschaft gewann.
d. Friedrich als Landesvater.
1. Heilung der Kriegswunden. Der 7 jährige Krieg hatte große Opfer an Geld und Menschen gefordert. Dazu waren, namentlich in Schlesien, die Fluren vielfach verwüstet und die Dörfer niedergebrannt worden. Gleich nach Beendigung des Krieges ließ daher der König den verarmten Bauern die Häuser aufbauen (in Schlesien an 8000), auch gab er ihnen Vieh und Saatkorn zur Bestellung des Ackers. Dazu verteilte er reichlich Geld an die Bewohner (die Schlesier erhielten an 9 Millionen Mark). Sehr viel Geld gab der König von seinen eigenen Ersparnissen her. „Das Geld gehört nicht mir, sondern dem Lande," pflegte er zu sagen.
2. Hebung des Ackerbaus. Sodann richtete der König sein Augenmerk auf den Landbau. Auf seinen Domänen versuchte er den Wein- und Seidenbau und führte auch die Kartoffel ein. Als 1745 eine Hungersnot ausbrach, schenkte
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_bei_Bunzelwitz Friedrich Elisabeth Peter_Iii Friedrich Friedrich Maria
Theresia Maria Theresia Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrichs Friedrichs Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde, Vaterländische Geschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): offen für alle
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gleich ihm eine Militärmacht schaffen. Häufig kamen dabei aber nur Soldatenspiele zum Vorschein. So hatte man es z. B. an dem Hofe eines kleinen deutschen Fürsten dahin gebracht, daß die 50—100 Soldaten nach verschiedenen Schwenkungen schließlich den Namenszug des Landesherrn darstellen konnten.
2. Das Heer bestand noch immer zum größten Teile aus Söldnern, die aus allen Ländern zusammengeholt (geworben) waren. Die im Heere dienenden Landeskinder waren vorzugsweise arbeitsscheue Leute, ungeratene Söhne, bankerotte Kaufleute, stellenlose Beamte rc. Sie folgten dem „Kalbsfelle" nur, um ein Unterkommen zu fiudeu. Es kam auch vor, daß die Polizei Vagabunden in das Heer steckte, ja, selbst Verbrecher suchten und sandln hier Schutz vor der sie erwartenden Strafe. Daher erklärt es sich auch, daß der Soldat jener Zeit sehr verachtet war. Vater und Mutter, Bruder und Schwester schämten sich seiner, und selbst ein Handwerksbursche ließ sich nicht gern in seiner Gesellschaft sehen. Das Desertieren war zu jener Zeit an der Tagesordnung; denn Ehre und Vaterlandsliebe waren dem Söldner unbekannte Dinge. In einigen Ländern wurden sie gut bezahlt. So erhielten sie z. B. in Preußen je nach ihrer Größe ein Handgeld von 2—9000 Mark. In manchen Ländern aber bezogen sie einen so geringen Sold, daß sie hungern oder betteln mußten, wenn sie es nicht vorzogen, durch Stricken, Spinnen re. etwas nebenbei zu verdienen.
3. Bauern und Bürger. Noch immer war der Bauer seinem Herrn erb-untertänig (S. 22) und mußte ihm oft 4—5 Tage in der Woche Frondienste leisten und alljährlich Abgaben an Getreide, Geld re. entrichten. Ohne Erlaubnis seines Gutsherrn durfte er seinen Wohnsitz nicht verändern, ja, nicht einmal heiraten. Zwar versuchten einige Fürsten, wie Friedrich d. Gr., Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig u. a., das traurige Los der Bauern zu mildern, aber die Gutsherren sträubten sich, ihre Vorrechte auszugeben, und so blieb meist alles beim alten. Etwas besser sah es in den Städten aus. Der Kaufmann war meist wohlhabend, auch der Handwerksmeister lebte in behaglichen Verhältnissen. Die Innung nahm eben nicht mehr Meister ans, als sie für gut befand (S. 10). Mancher Geselle aber mußte daher sein Lebtag Geselle bleiben. Brauereien und Bäckereien waren oft an bestimmte Grundstücke gebunden. Auch der Mühlzwang herrschte noch; dadurch wurden die Bewohner eines bestimmten Umkreises gezwungen, in einer bestimmten Mühle mahlen zu lassen. So war der Einzelne oft sehr in feinem Erwerbe beschränkt. Dazu kam noch, daß der Bürgermeister und die anderen Beamten der Stadt vom Staate angestellt wurden. Der Bürger hatte in der Stadt nichts zu sagen, daher aber auch wenig Sinn für das Wohl der Stadt. (Deutsche Jugend 5, Anhang S. 309: Eine deutsche Stadt gegen Ende des vorigen Jahrhunderts.)
47. Die französische Revolution. Napoleon Bonaparte.
1. Ursache der Revolution. Im Jahre 1789 brach in Frankreich eine schreckliche Revolution aus. Durch Verschwendung und endlose Kriege hatten nämlich Ludwig Xiv. (von 1643—1715) und Ludwig Xv. (von 1715—1744) das Land mit einer unerträglichen Schuldenlast beladen. Dazu kam noch, daß die vielen Millionen, die der Staat alljährlich nötig hatte, ganz allein von den Bürgern und Bauern ausgebracht werden mußten; denn der Adel und die Geistlichkeit, die gerade den größten Teil des Grund und Bodens inne hatten, waren von jeder Abgabe befreit. Aber damit noch nicht genug. Der Bauer hatte auch
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